100 Jahre      Mikrobiologische Vereinigung München e. V.     1907 - 2007
 


Die Bestandteile des Mikroskops



Abbildungen nach K. Michel: Die Mikrofotografie. 3. Auf. Wien 1967.


Das Mikroskop der Biologen und Mediziner ist ein Durchlichtmikroskop. Das Licht der Mikroskopbeleuchtung durchstrahlt das dünne, durchsichtige Objekt von unten wie das Projektorlicht ein Diapositiv. (Das Auflichtmikroskop der Metallurgen und Mineralogen ist im Aufbau, aber nicht im Prinzip anders.)

1      Im Stativfuß sind bei moderneren Mikroskopen Lampe und Lampenkollektor untergebracht.

1a    Kippgelenk bei älteren Mikroskopen mit „Hufeisenfuß“.

2      Der Tubusträger oder Stativarm.

3      Der Objekttisch, auf dem das zu untersuchende Objekt auf einem gläsernen Objektträger liegt. Es wird mit Objekt­klemmen oder mit einem verstellbaren Objekthalter festgehalten.

4      Der Kondensor, in älteren Beschreibungen „Beleuchtungsapparat“ genannt, schickt das Licht von unten durch das Objekt. Am Kondensor der Hebel zur Verstellung der Kondensor- oder Aperturblende.

5      Beidseitige Zentrierschrauben des Kondensors.

6      Ausschwenkbare Kondensorhilfslinse unter dem Kondensor.

7      Ausschwenkbarer Filterhalter mit Einlegefilter.

8      Der höhenverstellbare Kondensorträger, der bei besseren Modellen auswechselbare Kondensoren aufnimmt.

9      Die beidseitigen Grobtriebknöpfe zur Scharfeinstellung am Triebkasten.

10    Die beidseitigen Feintriebknöpfe zur Scharfeinstellung am Triebkasten.

11,12   Lampenfassung und Glühlampe.

13,14  Der Lampenkollektor projiziert das Bild der Glühwendel in den Kondensor.

15    Der Beleuchtungsspiegel, bei modernen Mikroskopen im Stativfuß.

16    Die Leuchtfeldblende in der Lichtaustritts­öffnung, eine verstellbare Irisblende, notwendig bei der hochwertigen Köhlerschen Beleuchtung.

17    Das Objektiv entwirft ein Bild („Zwischenbild“) des Objekts im Tubusrohr.

18    Der Objektivwechsler (Revolver) zur Aufnahme mehrerer Objektive.

19    Der Tubus, bei modernen Mikroskopen als Prismenkopf mit einem oder mehreren Umlenkprismen für den Schrägeinblick; auswechselbar gegen andere Tuben.

20    Der Okulartubus.

21    Das Okular, in das wir hineinschauen, vergrößert das vom Objektiv entworfene Zwischenbild und projiziert es auf die Netzhaut unseres Auges.

22    Das Auge des Beobachters.



Kurzbeschreibung der wichtigsten Teile des Mikroskops

Zu 1. Fuß. Ältere Mikroskope, Baujahr etwa zwischen 1870 und 1945, haben meist einen hufeisenförmigen Fuß. Die elektrische Beleuchtung wird bei ihnen angesteckt oder separat aufgestellt und mit dem Spiegel in den Strahlengang des Mikroskops umgelenkt. Instrumente mit Hufeisenfuß wurden im ehem. Ostblock und in China sogar noch bis etwa 1985 gebaut.

Zu 2. Der Tubusträger(arm) oder Stativarm trägt den Tubus. Wenn das Mikroskop angehoben oder getragen werden soll, faßt man es am Tubusträger.

Zu 3. Der Objekttisch kann eine einfache, feststehende Platte sein, oder ein Kreuztisch mit Objekthalter, der sich mit einem Zahntrieb in x- und y-Richtung verschieben läßt.

Zu 4. Kondensor. Ein Mikroskop ohne Kondensor fällt eigentlich in die Kategorie Spielzeug, oft Hauptbe­stand­teil von Biologie- oder Mikroskopie-Sets bzw. -Kästen.

Zu 8. Kondensorträger. Sehr einfache Mikroskope haben keinen Kondensorträger, sondern eine simple Metallhülse unter dem Tisch, in die der Kondensor eingeschoben und meist in der Höhe verstellt werden kann. Bei sehr einfachen Instrumenten ist der Kondensor fest angebaut und nicht auswechselbar.

Zu 9. Der Grobtrieb verstellt bei modernen Instrumenten die Tischhöhe, bei älteren den Tubusträger samt Tubus und bei noch älteren Hufeisenmikroskopen den Tubus.

Zu 10. Der Feintrieb verstellt bei modernen Instrumenten die Tischhöhe, bei älteren meist den Tubus. Die Fokussiertriebe für Grob- und Feineinstellung sind bei modernen Mikroskopen koaxial angeordnet, d. h. auf derselben Achse, damit die Hand beim Fokussieren ihre Position nicht ändern muß.

Zu 12. Glühlampe. Nur sehr einfache Mikroskope sind mit einer Netzleuchte (230 Volt) ausgestattet, bessere Modelle mit einer Niedervolt- oder Halogen-Niedervoltlampe mit Transformator oder Thyristor­schaltung. Heutzutage (2014) oft auch eine Leuchtdiode. Wieviel Watt eine Lampe haben sollte, bzw. wie hell sie strahlen soll, hängt von der Art des Beleuchtungs­verfahrens ab, aber auch davon, wieviel optischen Aufwand der Mikroskopkonstrukteur im Kollektor hat treiben können, um jedes Quentchen Licht aus der Glühwendel ohne viel Verlust zu nutzen.

Zu 15. Beleuchtungsspiegel. Die Augen schützen: Der Ansteckspiegel hat eine plane Seite und einen Hohlspiegel. Wenn ein Kondensor vorhanden ist, immer den Planspiegel verwenden, den Hohlspiegel nur ohne Kondensor. Hellen Himmel einspiegeln, eventuell helle Wolken, niemals jedoch die Sonne! Bei Mikroskopen mit Ansteckspiegel läßt sich elektrisches Licht mit einer separat aufgestellten Mikropierleuchte einspiegeln oder eine solche Leuchte anstelle des Spiegels an den Mikroskopfuß anstecken.

Zu 16. Leuchtfeldblende. Wenn zwischen der Aperturblende (im oder unter dem Kondensor) und der Lampe eine zusätzliche Irisblende an der Lichtaustrittsöffnung sitzt, handelt es sich um eine Leuchtfeldblende, Merkmal einer hochwertigen Köhlerschen Beleuchtungsanordnung.

Zu 17. Das Objektiv ist eines der wichtigsten Teile des Mikroskops. Das von ihm entworfene Zwischenbild des Objekts ist ausschlaggebend für die Qualität des Bildes, das wir im Okular  sehen. Kein anderes Teil, keine Maßnahme kann das vom Objektiv erzeugte Bild verbessern – aber verschlechtern.

Zu 18. Objektivrevolver. Bei besseren Instrumenten ist der Revolver kugelgelagert.

Zu 19. Tubus. Bequem ist ein binokularer Tubus (mit zwei Okularen), mit dem man beidäugig  beobachtet. Der binokulare Einblick ist ausgestattet mit einer Mechanik zum Anpassen des persönlichen Abstands der beiden Augen voneinander und zum Ausgleich unterschiedlicher Sehstärke der Augen. Bei der Anschaffung ist die Wahl eines monokularen Tubus (mit nur einem Okular) meist eine finanzielle Erwägung.

Zu 20. Okulartubus. Der monokulare Schrägeinblick, bequemer als der monokulare Senkrechteinblick der Mikroskope älterer Bauart, ist trotz des Umlenkprismas in seinem Innern ein verhältnismäßig unkompliziertes Teil, der binokulare Schrägeinblick hingegen ein mechanisch wie optisch höchst anspruchsvolles Bauteil. Die bemerkenswerten Preisunterschiede für Binokulartuben verschiedener Hersteller beruhen auf der konstruktiven Raffinesse, der Sorgfalt in Fertigung und Justage sowie der Robustheit der Mechanik.

Zu 21. Die Okulare sind oft unterschätzte Bauteile. Besonders Brillenträger merken das, wenn die angeblichen Brillenträgerokulare, mit denen auch Brillenträger das ganze Bildfeld überblicken können sollen, nicht das halten, was der Prospekt versprochen hat.



Die Vergrößerung und die Auflösung

Die Gesamtvergrößerung eines Mikroskops ergibt sich aus dem Zusammenwirken von Objektiv und Okular. Die Eigenvergrößerung des Objektivs (z. B. 40:1 oder 40x) wird mit derjenigen des Okulars (z. B. 10x) multipliziert; im genannten Fall ergibt sich also 40 x 10 = 400fach. Hat auch das optische System im Tubuskopf eine Eigenvergrößerung, so wird auch noch mit dieser multipliziert; bei einem „Tubusfaktor“ von 1,25x also 40 x 10 x 1,25 = 500fach. Die Gesamtvergrößerung sagt jedoch über die Leistungsfähig­keit des Mikroskops nichts aus. Denn rein technisch gesehen, kann man auch mit minderwertigen Objektiven und Okularen starke Vergrößerungen erzielen, denen es an Brillanz, Farbreinheit und Schärfe fehlt, und in denen – wie auf einem unscharfen Foto – kaum etwas zu erkennen ist.

Wichtiger ist die numerische Apertur eines Objektivs, das ist ein Zahlenwert zwischen etwa 0,07 und 1,30. Je größer diese „n. A.“ ist, um so kleinere und feinere Details kann das Mikroskop sichtbar machen („auflösen“). Folgende Aperturwerte sollten Objektive der Standardleistungsklasse erreichen: Ein 4faches: 0,07; ein 10faches: 0,22 bis 0,30; ein 40faches: 0,65; ein 100faches: 1,25.

Förderliche Vergrößerung: Die Gesamtvergrößerung, die man mit der Kombination eines bestimmten Objektivs und eines Okulars erzielt, soll zwischen dem 500- und dem 1.000fachen der n. A. des Objektivs betragen, bei schwachen Objektiven (etwa 2,5 bis 10fach) darf sie auch geringer sein. Die Obergrenze „vernünftiger“ Vergrößerung bei einem Lichtmikroskop liegt demnach bei 1.300fach. Das gilt für einfache „Schülermikroskope“ ebenso wie für teuerste Instrumente der Forschung. Wenn in Verkaufsprospekten mit höherer Vergrößerung geworben wird, ist das Humbug.

Jedes Objektiv muß auf seiner Fassung vom Hersteller mit seiner Eigenvergrößerung und n. A. gekennzeichnet sein, jedes Okular mit der Vergrößerung. Fehlen diese Angaben, dann handelt es sich zumeist um ein Objektiv von ungenügender Leistung, oft um ein Stück aus einem Spielzeugmikroskop. Das Fehlen so wichtiger Angaben wäre vergleichbar der Weigerung eines Lastwagenherstellers, PS, Ladefläche und Nutzlast anzugeben.

 (Näheres zur Apertur und Vergrößerung in den Hauptteilen 2 und 3 der "Mikrofibel".)


Zwei Okulare: ein dreidimensionales Stereobild?

Wenn ein Mikroskop mit einem drehbaren Objektivrevolver ausgestattet ist, mit dem jeweils ein einzelnes Objektiv in den Strahlengang geschwenkt werden kann, ist es auch dann, wenn es einen „zweiäugigen“ Einblick hat, kein Stereomikroskop, mit dem man ein Objekt plastisch, drei­di­men­sio­nal sieht. Es ist ein „normales“ Mikroskop; bei ihm liefert jeweils ein einziges Objektiv einen einzigen Strahlengang mit einem einzigen Bild, das lediglich zum bequemeren Beobachten mit einem Teilerprisma in zwei Strahlengänge für zwei Okulare aufgespalten wird.

Beim Stereomikroskop, auch Stereo- oder Binokularlupe und Präpariermikroskop genannt, liefern zwei Objektive zwei unterschiedliche Bilder in zwei getrennten Strahlengängen für beide Okulare und beide Augen.

Ein Mikroskop hat – je nach vorhandenen Objektiven – einen Vergrößerungsbereich von etwa 25- bis 1.300fach. Beim Stereomikroskop liegt der Vergrößerungsbereich in der Regel zwischen 6- und 40fach bzw. vernünftigerweise nicht über 100fach.

Viele private Anbieter eines binokularen Mikroskops, also eines mit zwei Okularen, bezeichnen es falsch als Stereomikroskop und dieses ebenso falsch als Mikroskop. (Mehr dazu.)


Warum sind manche Mikroskope so teuer?

Beim Mikroskop unterschätzt der Anfänger gerne die Beleuchtung und auch die An­for­de­rungen an die mechanische Präzision und Langlebigkeit des Instruments. Er erwartet von seiner Mikroskopoptik Auflösung von weniger als einem tausendstel Millimeter. Daß die mechanischen Teile ent­spre­chend genaue Einstellungen über viele Jahrzehnte zuverlässig gewährleisten müssen, wird häufig übersehen. Ein gutes Mikroskop be­steht deshalb nicht nur aus erstklassiger Feinoptik, sondern auch aus feinwerktechnischen Kom­po­nenten hoher Präzision, Robustheit, Wartungsfreiheit und Langlebigkeit. In diesem Sinne ist ein billiges Mikroskop eigentlich ein Widerspruch in sich. Es gibt Dinge, die man nicht hochpräzise, langlebig, robust und zugleich billig herstellen kann.

Die Kosten eines hochwertigen Mikroskops verteilen sich, wenn preiswerte achromatische Objektive und eine Köhlersche Beleuchtung gewählt werden, etwa zu je einem Drittel auf

  • das Stativ mit seiner Mechanik,
  • die achromatischen Objektive und Okulare,
  • die Beleuchtung mit Kollektor und Kondensor.

Bei den neuesten Mikroskoptypen mit Unendlich-Objektiven sind die anteiligen Kosten für die Beleuchtung geringer, weil die Stative etwas aufwendiger sind. Objektive höherer Korrektionsstufen (Apochromate und Fluoritobjektive) hingegen können pro Stück mehr als das zehnfache eines Stativs kosten. In so einem Fall gilt die Drittel-Aufteilung der Kosten nicht.

Der Aufbau eines Mikroskops kann durch vielfältige weitere Komponenten beliebig kompliziert und teuer sein. Die Preise für vernünftige Instrumente liegen je nach Verwendungszweck und Ausstattung etwa zwischen 400 und 50.000 Euro, bei Gebrauchtgeräten augenblicklich (2004) etwa bei 200 bis 5.000 Euro.


(Zusammengestellt von Klaus Henkel, MVM.)


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