100 Jahre      Mikrobiologische Vereinigung München e. V.     1907 - 2007
 



Das Schneiden in der Mikroskopie

Zweiter Teil

Das Schneiden aus freier Hand

von Klaus Henkel



Die Vorteile des Handschnitts
Welche Objekte sind geeignet?
Wie soll das Objekt beschaffen sein?
Fixieren, Aufbewahren, Färben
  Das Umschließen des Objekts
Mit der Rasierklinge schneiden
Das mikroskopische Rasiermesser
Der Umgang mit dem Rasiermesser




Die Vorteile des Handschnitts

Wichtige Anmerkungen zum Handschneiden stehen bereits im Ersten Teil (Einführung). Es genügt deshalb, an dieser Stelle die Vorteile des Handschnitts kurz aufzulisten.

Geringe Kosten: Damit sind nicht in erster Linie die Anschaffungskosten von Rasierklingen, Rasiermesser und Mikrotom gemeint (wir nehmen einmal an, daß diese Instrumente bereits vorhanden sind), sondern die Prozeßkosten. Dazu zählen der Verbrauch an Einbettungsmaterial, die geringen Kosten für das Selbstschärfen des Rasiermessers und die nur kurze Arbeitszeit beim Umschließen des Objekts, beim Schneiden und bei der Pflege des Rasiermessers. Die Benützung des Mikrotoms erfordert die nicht selten tagelang dauernde Einbettung des Objekts, die Pflege der dafür benötigen Chemikalien, die Reinigung und das ständige Reinigen und Ölen des Mikrotoms. Im privaten Bereich schlägt die Arbeitszeit zwar nicht als Kostenfaktor zu Buch, dafür um so mehr die teuren Spezialöle für das Mikrotom und die noch viel teureren Chemikalien für die Einbettung.

Einfaches Verfahren: Manchmal wird eingewandt, die Pflege des Rasiermessers sei recht zeitaufwendig. Das stimmt zwar, aber die Pflege von Mikrotommessern ist es ja ebenfalls. Und wer nur Zeit, aber nicht Geld sparen will oder muß, kann ja Einmalklingen auch am Hand- oder Tischmikrotom verwenden. Beim Handschnitt gibt es die Einmaltechnik schon lange: Einfache Rasierklingen, die nicht abgezogen oder nachgeschärft werden müssen. Früher war das durchaus üblich, zum Nachschärfen der Rasierklingen benützte man besondere Vorrichtungen, die heute nicht mehr hergestellt werden.

Schnelligkeit: Vom Entschluß, einen Handschnitt anzufertigen, bis zum Präparat unter dem Objektiv muß nicht mehr Zeit vergehen als fünf Minuten, einschließlich Umschließen des Objekts in Holundermark.

Ständige Bereitschaft: Selbst wenn man Rasiermesser zum Schneiden verwendet, ist keine längere Vorbereitungszeit notwendig. Umschließen in Holundermark, Abziehen des Messers, die Klinge durchs Objekt ziehen - schon ist der erste Schnitt fertig. Ein Mikrotom hingegen ist nicht immer zur Hand und muß auf jeden Fall erst sorgfältig vorbereitet werden.

Einfache Fehlerkorrektur: Was wir beim Handschneiden falsch machen können, merken wir meist schon, während die Klinge durchs Objekt fährt. Das läßt sich gleich beim nächsten Schnitt korrigieren.

Aussagekraft: Für anatomische Studien sind Handschnitte normaler Dicke den Mikrotomschnitten oftmals überlegen, weil sie eine gute Vorstellung von der räumlichen Struktur des Objekts vermitteln. Zwei, drei Lagen von Zellen übereinander stören bei der Betrachtung wegen der geringen Schärfentiefe selten, bieten aber viel mehr Information als ein Mikrotomschnitt.

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Welche Objekte sind geeignet ?

Das Anfertigen von Freihandschnitten ist besonders in botanischen Kursen beliebt, da pflanzliche Objekte im allgemeinen eine günstigere Konsistenz für Handschnitte haben als tierische. Zum Erlernen des Handschneidens sind zu empfehlen: Kartoffelstücke, Holundermark, Kork, Stengelquerschnitte krautiger Pflanzen, alkoholgehärtete Leberstücke. (Adam & Czihak 1964).

Daphne und Jakob Zbären (in: Mikroskopieren. Hallwag Verlag, Bern 1979) haben gezeigt, daß man auch ein Stückchen Muskelfleisch, Leber, Niere, Herz, Lunge, Magen, Dick- oder Dünndarm, ja sogar Haut oder Hirn einfach zwischen zwei Finger nehmen oder in eine Rübe einklemmen und mit der Rasierklinge schneiden kann.

Besonders eignen sich aber Pflanzen für Handschnitte. Wurzeln, Ausläufer, Halme, Ranken, auch Stengel, sofern sie nicht allzu dick sind, Blatt- und Fruchtstiele, sowie stärkere, widerstandsfähige Blätter und Koniferennadeln. Auch von vielen Fruchtknoten können wir Übersichtspräparate herstellen.

Dem Mikrotom bleiben Objekte vorbehalten, die eingebettet werden, weil sie sonst auseinanderfallen, sobald sie in dünne Scheibchen geschnitten sind. Zum Beispiel Vegetationspunkte der Wurzel und des Sprosses, Blatt- und Blütenknospen. Doch kann man solche eingebetteten Objekte auch mit einem Rasiermesser auf einem kleinen Handmikrotom schneiden.

Es ist nicht zweckmäßig, beim Handschnitt stets auf einen möglichst dünnen Schnitt hinzuarbeiten, weil man dann z. B. Sternhaare in den Blättern der Wasserrose, Sklereiden in manchen Coniferenblättern, Kristalleinschlüsse und ähnliches gar nicht zu sehen bekäme.

Noch aus einem anderen Grund sind botanische Objekte für den Handschnitt sehr geeignet. Abgesehen von Blättern mit hohem Chlorophyllanteil, sind andere Pflanzenteile in der Regel "luzide", durchsichtiger. Wenn man die Zellinhalte entfernt, kann man auch mühelos durch mehrere Zellschichten hindurchsehen und die dreidimensionale Struktur erkennen.

Ungefärbte Pflanzenschnitte, besonders aus Frischmaterial, sind im Mikroskop infolge der deutlich sichtbaren Zellwände sogar kontrastreich genug zum Fotografieren.

Die Handschnitt-Technik eignet sich wegen ihrer Schnelligkeit gut, um ungefärbte Frischpräparate unter dem Mikroskop zu betrachten, und viele Schnitte können danach noch unter dem Deckglas gefärbt werden.

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Anfänger sollten gar nicht erst versuchen, große Schnitte, z. B. durch dicke Stengel oder eine Pflanzenzwiebel zu machen, denn der Mißerfolg ist unausbleiblich. Zunächst genügt es, sich mit einem Teilstück der Fläche zu begnügen, das bei richtiger Auswahl alles zeigt, was man sehen will. Zu Übungszwecken eignet sich Holundermark sehr gut.

Je größer das Objekt, um so mehr lohnt es sich, anfangs den Schnitt „auskeilen“ zu lassen, d. h. nicht das ganze Objekt zu durchschneiden, sondern das Messer so zu lenken, daß es irgendwo aus der Oberfläche des Objekts nach oben dringt. An dieser Stelle ist der Schnitt besonders dünn. Nach einem ausgekeilten Schnitt ist die Objektoberfläche schräg und muß erst wieder mit einem Messer begradigt werden. Dazu nehmen wir ein altes Rasiermesser, eine Rasierklinge oder das Skalpell, auf keinen Fall aber das "gute" Rasiermesser. Die Schneide würde sofort stumpf, manchmal sogar ruiniert, wenn wir damit ein dickeres Stück vom Objekt abheben würden anstatt eines nur hauchdünnen Scheibchens.

Weicheres Material, das sich beim Durchfahren der Klinge, selbst der schärfsten, zusammenschieben würde, wird am besten naß geschnitten, damit es auf der Klinge gleiten kann, sonst leistet der bereits geschnittene Teil dem weiteren Vorrücken der Klinge im Objekt Widerstand, und die Zellen oder andere feinere Bestandteile werden gequetscht oder auf andere Weise beschädigt. Man befeuchtet die Klinge vor dem Schneiden tüchtig mit Wasser oder Alkohol. Die Veränderungen, die von diesen Medien im Objekt hervorgerufen werden, müssen dabei in Kauf genommen werden. (In Holundermark eingebettete Objekte sollen nicht befeuchtet, sondern möglichst trocken geschnitten werden, weil das Mark sonst aufweicht und schmierig wird, und das Messer nicht mehr sauber führen kann.)

Einfach ist das Schneiden von Alkoholmaterial, man braucht es ja nur aus dem Alkohol herauszunehmen. Formolmaterial sollte man hingegen erst in Wasser gründlich auszuwaschen, um die Augen den Formoldünsten nicht unnötig auszusetzen. Doch grundsätzlich ist der Alkohol dem Wasser vorzuziehen, weil er die Klinge viel leichter und gleichmäßiger benetzt. Angenehm ist aber das Naßschneiden nicht, weil die Flüssigkeit vom Messer auf das Objekt übergeht und von ihm herabträufelt, so daß man alle Augenblicke die Flüssigkeit von neuem mit Pipette oder Pinsel auf das Messer geben muß.

Die Schnitte müssen sofort mit dem Pinsel vom Rasiermesser abgenommen werden, sonst trocknen sie aus. Außerdem verursachen sie schon nach kurzem Verweilen häßliche Flecken auf dem Stahl, die sich kaum mehr entfernen lassen. Man bringt sie sofort in ein Uhrglas oder Blockschälchen mit Wasser.

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Fixieren, Aufbewahren, Färben

Wer Pflanzenteile mit einem Verfahren bearbeiten möchte, das eine Fixierung voraussetzt, halte sich - auch draußen im Feld auf einer Sammelexkursion - an die Regel: Entweder sofort fixieren oder gar nicht. Die chemisch-physischen Veränderungen setzen sofort nach Entnahme eines Pflanzenteils ein, nach dem Abschneiden eines Blattstückchens, dem Durchschneiden eines Stengels usw. Dabei geht es nicht um 10 Minuten mehr oder weniger, sondern um Sekunden. Man sollte deshalb ein Pflanzenteil nur abnehmen und zuschneiden, wenn das Gläschen mit der Fixierflüssigkeit bereits zur Aufnahme geöffnet ist. Etwas anders liegt der Fall, wenn man die Fixierlösungen AFE oder Pfeiffer (siehe unten) nicht nur zum Fixieren, sondern auch zum Aufbewahren verwenden möchte. Dann lohnt sich auch späteres Einlegen in die Fixierflüssigkeit noch. Ob das dann aber noch eine echte Fixierwirkung hat, sei dahingestellt. Wer sich anhand eines Pflanzenschnitts eine grobe Übersicht der Struktur verschaffen möchte, muß meist gar nicht fixieren, wenn der Schnitt als Frischmaterial betrachtet werden kann. Die meisten Details sind auch unfixiert und ungefärbt in einem Wasserpräparat deutlich im Mikroskop erkennbar.

Bei Mitnahme von Fixierlösungen auf Exkursionen denke man daran, daß alle Fixiermittel starke Zellgifte sind und nach Benetzung der Finger Hautzellen abtöten. Durch geeignete Gefäße, Fläschchen und deren Abdichtung mit Parafilm, Schachteln usw. sorge man dafür, daß kein Fixiermittel an die Finger gerät, denn nicht immer ist "im Feld" Wasser zum Abwaschen zur Hand.

Bei Pflanzenteilen mit einer festeren Kutikula, wie bei Blättern aller Art, achte man darauf, daß alle Seiten des zu fixierenden Stückes sauber mit einer Rasierklinge geschnitten sind und kein natürlicher Blattrand mehr vorhanden ist. Andernfalls dringt die Fixierlösung nicht rasch und gleichmäßig von allen Seiten ein. Wenn man Blätter unbedingt mit einer Schere schneiden möchte, sollte das Blattstück so groß bemessen werden, daß es zu Hause noch mit einer Rasierklinge oder einem scharfen Skalpell kleiner geschnitten werden kann, weil die Randzellen an der Schnittkante durch den Scherenschnitt gequetscht und deshalb unbrauchbar sind.

Lindauers Technik

LINDAUER (1972) empfiehlt hochprozentigen Alkohol, selbst Brennspiritus sei geeignet. Weiche Pflanzenteile werden dabei in zwei bis drei Tagen gehärtet. Harte Objekte muß man aber anschließend in einem Alkohol/Glyzerin-Gemisch (2:1 bis 1:2) einige Tage bis Wochen aufweichen. Genügt diese Behandlung nicht, z. B. bei Hölzern, hilft Kochen von einigen Minuten bis Stunden in Wasser oder in einem Gemisch 1:1:1 von Alkohol-Glyzerin-Wasser.

Soll der Zellinhalt erhalten bleiben, so bieten sich das Pfeiffersche Gemisch, Alkohol-Eisessig (AE), die JUELsche oder andere Fixierlösungen an. Eine notwendige Härtung wird nach der Fixierung und nach gründlichem Auswaschen angeschlossen. Die Überführung in Alkohol muß dann stufenweise erfolgen. Objekte mit Ölen und Fetten in den Zellen, z. B. Samen, werden mit 4%igem Formol oder Formol-Eisessig fixiert, anschließend eventuell in Formol gehärtet.

Objekte, die bereits von Natur aus eine gut schneidbare Konsistenz besitzen, wie viele Blatt- und Fruchtstiele, lassen sich auch ohne Vorbehandlung schneiden. Fixiert wird dann durch Einlegen der Schnitte in Alkohol, wodurch gleichzeitig die Luft aus den Zellen entweicht.

Samen legt man vor dem Schneiden bzw. Fixieren zwei bis drei Tage in mehrfach gewechseltes Leitungswasser und läßt sie quellen. Sie lassen sich dann viel sauberer schneiden.

Pflanzenorgane können zum späteren Schnitt in 70-80%igem Alkohol mit geringem Glyzerinzusatz von 5-10 % aufbewahrt werden. Fertige Schnitte werden in 70%igem Alkohol aufbewahrt, sie lassen sich später einwandfrei färben.


Das Universal-Fixiermittel für botanische Objekte

Obwohl unter den Autorenbezeichnungen von Langdon, Lavdowsky, Rawlins u. a. schon früher in mannigfachen Varianten beschrieben, begann der Siegeszug von AFE (bzw. FAE, AEF oder FEE) nach der Veröffentlichung von Donald Alexander Johansen: Plant Microtechnique, 1940. Dieter Krauter (1979a) betont nachdrücklich, daß sich mit AFE fast alle tierischen und pflanzlichen Objekte gut fixieren lassen, wenn anatomische Studien das Ziel sind.
Zusammensetzung: 90 ml 90-95%iger Alkohol (Brennspiritus genügt in den meisten Fällen, ebenso der preiswerte, mit Petrolether/Petrolbenzin vergällte Ethylalkohol); 5 ml Formol (= 37-40%ige Lösung von Formaldehyd in Wasser); 5 ml Eisessig. Die Mischung ist haltbar und kann auf Vorrat angesetzt werden. Fixierung 24 Stunden, danach Auswaschen in 95%igem Alkohol (Isopropylalkohol/Isopropanol oder Sprit, ein- bis zweimal wechseln). Soll anschließend mit Etzoldscher Farblösung gefärbt werden, so darf das Auswaschen unterbleiben. Es ist auch möglich, die Objekte - wie in "Pfeiffer" - bedenkenlos in der Fixierlösung liegen zu lassen und aufzubewahren, sogar jahrelang, ohne daß sie sichtbar Schaden nehmen. Ich bewahre auf diese Weise pilzinfizierte Stengel- und Blattstückchen schon länger als 15 Jahre auf, ohne daß Schneid- und Färbbarkeit bisher gelitten hätten.

Weitere Hinweise zur Anwendung von AFE und seinen Varianten sind in Gerlachs Botanischer Mikrotechnik nachzulesen.

Auch in dem Fixiermittel Pfeiffersches Gemisch können Pflanzenteile zeitlich unbegrenzt aufbewahrt werden. Es eignet sich besonders für Kryptogamen, also Algen, Moose, Farne, ist aber auch für viele andere Pflanzenorgane ein ausgezeichnetes Fixiermittel. Bestandteile: Gemisch zu je einem Drittel von Methylalkohol, Formalin (35%ig) und rohem Holzessig.

Weiterhin empfiehlt sich für sehr schrumpfungsempfindliche oder quellbare Pflanzenteile 1:10 mit Fundortwasser oder Leitungswasser verdünntes Formol bzw. noch besser die Pfeiffersche Fixierlösung.


Die Etzoldsche Technik

Mit Vorteil kann Etzolds FCA-Färbung (Fuchsin-Chrysoidin-Astrablau) angewandt werden, wie auch seine frühere FSA-Färbung (Fuchsin-Safranin-Astrablau), die er aber wegen der besonderen Vorteile des Chrysoidins und der Nachteile des Safranins als überholt bezeichnet. Karl Brügmann hat die FCA-Färbung modifiziert, indem er das kühle Astrablau durch das sehr schöne, brillante und wärmer wirkende Alciangrün ersetzte - eine Variante, die mir für Schnitte durch Blätter und andere chlorophyllhaltige Pflanzenteile besonders gut gefällt. Die Herstellung der Färbelösung und die gesamte Bearbeitungsprozedur ist in der Mikrofibel sehr ausführlich in einem Originalbeitrag von Dr. Helmut Etzold beschrieben.

Da diese einfachst anzuwendende Farblösung neben den genannten Farbstoffen auch Eisessig enthält, ist die von Etzold viele Jahre angewandte Prozedur besonders arbeitssparend. Wenn die Fixierung mit Alkohol, Essigsäure, Formol oder einer Mischung dieser Stoffe erfolgt ist, z. B. AFE, ist das Auswaschen des Fixiermittels vor dem Färben unnötig. Man kann jedoch zum Entfernen von Verunreinigungen, Gerbstoffauszügen usw. das Fixiermittel durchaus mit mehrfach gewechseltem destilliertem Wasser auswaschen. Im Grunde muß, wenn frisches Material geschnitten wird, überhaupt nicht eigens fixiert werden. Diese Aufgabe übernimmt die Essigsäure in Etzolds Färbevorschrift.

Wenn wir also den Vorteil der Schnelligkeit in der Handschnitt-Technik nutzen wollen, so bieten sich diese sowohl einfachen wie auch schnellen Methoden geradezu an.

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Das Umschließen des Objekts

Pflanzenteile von fester Konsistenz, wie Stengel oder Zweige, die sich beim Schneiden nicht durchbiegen und der Klinge ausweichen, können einfach zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten werden. Bei vielen Objekten ist das aber nicht möglich, manche sind zu klein, andere nicht fest genug, weichen der Klinge aus. Es muß dann in ein anderes Material eingehüllt werden, das eingehüllte Objekt mit ihm zusammen von der Klinge durchschnitten werden. Oftmals werden solche Hüllstoffe als "Einbettungsmittel" bezeichnet, doch dieser terminus technikus ist solchen Mitteln vorbehalten, die das Objekt nicht nur umhüllen, sondern es durchtränken und in alle Ritzen und Hohlräume, und sogar in die Zellen des Objekts eindringen und es ganz und gar ausfüllen. Das ist jedoch nur notwendig, wenn das Objekt nach dem Durchschneiden mit der Klinge auseinanderfallen würde, beispielsweise bei Querschnitten durch Blütenstände oder Fruchtknoten, oder wenn es so dünn geschnitten werden soll, daß es anschließend die Färbe- und weiteren Prozeduren der Präparation nicht unbeschadet überstehen würde. Bei vielen Handschnitten ist diese Gefahr aber nicht gegeben, und wir können uns damit begnügen, das Objekt eng mit einer stabilen Hülle zu umschließen, damit es eine "anfaßbare Größe" erhält und dem Messer nicht ausweichen kann. Die folgenden Umschließungsmaterialien haben sich bewährt.


Das Holundermark

Die Verwendung von Holundermark ist beinahe so alt wie die botanische Mikrotechnik selbst. Um so merkwürdiger ist, daß viele Mikroskopiker, auch solche, die schon mehrmals Holundermark benützt haben, noch nie welches gesammelt bzw. es nach dem ersten fehlgeschlagenen Versuch aufgegeben haben. Das soll nicht verwundern, denn selbst der Altmeister des botanischen Handschnitts, Rudolf Lindauer, gibt in Die Technik des Handschnittes (Mikrokosmos 61, 1972, 144-151) eine irreführende Arbeitsanleitung. "Aus vorjährigen Zweigen", heißt es da. Kein Wunder, daß man das nicht ein zweites Mal versucht. Man sammelt jedoch nicht "Zweige", sondern die abgestorbenen Wasserschößlinge! Weil ich es besser nicht erklären könnte, zitiere ich Rainer Gerstle (1987) von der ehemaligen Stuttgarter Redaktion des Mikrokosmos:

"Seltsamerweise hört man immer wieder die ratlose Frage nach Bezugsquellen für Holundermark. Phywe in Göttingen liefert es; es ist aber viel zu teuer, wenn man bedenkt, daß man Holundermark an fast jedem Waldrand oder Gebüschsaum selber sammeln kann.
Das Sammeln macht aber offenbar auch Schwierigkeiten. Viele Mikroskopiker versuchen, normale Holunderäste zu schälen und können daraus natürlich kein schönes, rundes, unverletztes Mark gewinnen. Man muß zur Gewinnung des Markes die vorjährigen Wasserschößlinge wählen. Das sind die geraden, nie verzweigten Triebe, die meist ein bis zwei Meter senkrecht in die Höhe ragen. Geerntet wird im Frühjahr vor dem Blattaustrieb. Dann erkennt man im Gesträuch auch gut die dünnen, abgestorbenen Wasserschößlinge.
Nachtrag für botanisch Interessierte: Wenn der Holunderstock alt ist, bildet er nur noch Kurztriebe. Dadurch wird der Saftdruck zu hoch, und Wasserschößlinge sind die Folge. Die sogen. schlafenden Augen werden nämlich von der Basis her aktiviert. Sie reifen aber nicht aus und frieren im Winter ab."

Andere Autoren nennen als beste Sammelzeit den Spätherbst, bevor die Winternässe einsetzt. Doch geben die meisten Januar und Februar an, später ginge das Mark durch eingedrungenes Wasser in Fäulnis über oder sei zum Schneiden zu weich, oft auch verpilzt.

Das herausgeschälte Holundermark - wenn das nicht ganz leicht ohne Kraftanstrengung geht, sind es nicht die richtigen Wasserschößlinge! - wird trocken, luftig und kühl gelagert; früher pflegten die Autoren hinzuzufügen: auf dem luftigen Dachboden. Es muß völlig austrocknen, bevor man es, in handliche Länge gebrochen, in eine Schachtel legt. Will man ein Objekt umhüllen, so spaltet man ein entsprechendes Stück Mark der Länge nach in zwei Teile, indem man die Rasierklinge nicht auf den Querschnitt, sondern längsseits ansetzt und in zwei Hälften schneidet. Jetzt kann man ein Blattstück o. ä. dazwischen legen. Besteht die Gefahr, daß das Objekt beim Quetschen zwischen die beiden Markhälften deformiert wird, so höhlt man eine oder beide mit Skalpell oder Nadel der Form des Objekts entsprechend knapp aus und legt es dort hinein. Den Teil des Markstückchens, an dem man es beim Schneiden mit den Fingern faßt, sollte man mit einem Streifen Tesafilm fest umwickeln, damit die ganze Konstruktion, wenn man sie aus der Hand legen muß, nicht auseinander fällt und man die Teile wieder mühsam zusammenfügen muß.

Holundermark schneidet man immer trocken, nicht das Messer anfeuchten! Feuchtes Mark verliert seine günstige Konsistenz, wird weich und schwammig. Es läßt sich dann nicht mehr gut schneiden und führt die Klinge nicht mehr.

Auch Nachteile hat das Holundermark, z. B. enthält es auch harte Bestandteile, welche die Messerschneide rasch abnützen. Wenn man trocken schneidet, was sich beim Holundermark ja empfiehlt, ziehen Mark und die schneidende Klinge aus kleinen Objekten den Rest der Feuchtigkeit. Kleine, harte Objekte, wie Samenkörner u. ä. können vom weichen Mark nicht richtig festgehalten werden. Man klebt sie am besten mit "Sekundenkleber" auf ein kleines Klötzchen, das man dann zwischen den Fingern hält.

Schließlich müssen die Markschnitzel aus der Auffangflüssigkeit herausgefischt werden.


Die Rübenschnitzel

Im allgemeinen meinen Mikroskopiker eine Mohrrübe bzw. Möhre oder eine Karotte damit. Die kann man zwar auch nehmen. Manchmal wundert man sich aber, ob die rötlichen Bestandteile im Präparat von ihr oder vom geschnittenen Objekt stammen. Andere Rübenarten sind besser geeignet: Kohl- oder Futterrüben. Sie sind billig und lassen sich leicht bearbeiten und in Stücke jeder Form schneiden. Die Rübe hat einen zum Schneiden günstigen Widerstand und die Messerschneide wird kaum beansprucht. Befeuchtung mit Alkohol ändert ihre Festigkeit nicht wesentlich. LINDAUER meint, im kühlen Keller im feuchten Sand halte sich eine Rübe lange frisch, auch wenn sie schon angeschnitten ist. Ließe der Turgor einmal nach, genüge es, sie für einige Stunden ins Wasser zu legen, dann würde sie wieder hart. Seine Anleitung:

Gleich nach dem Kauf gründlich mit einer Bürste und viel Wasser reinigen, die anhaftende Erde muß restlos (!) entfernt werden, denn schon Spuren davon würden die Messerschneide sofort unbrauchbar machen. Auch müssen von den von ihr ausgeschnittenen Teilstücken die Außenschichten entfernt werden. Würfel schneiden, die ½ -mal länger sind als das Objekt und um dieses einen von 3 bis 5 mm starken Mantel bilden. Da das Rübengewebe viel fester ist als Holundermark, ist es wichtig, eine der Form des Objekts angepaßte Aussparung in die beiden Rübenhälften zu schneiden oder zu schaben. An der Ansatzstelle des Messers sollte der Rübenmantel 3 mm stark sein, an der Austrittstelle 4 bis 6 mm. Lindauer meint, daß man mit Rübeneinklemmung auch gute Erfahrungen beim Mikrotomschneiden machen würde.


Die Seife

Viele Seifen haben zum Schneiden mit dem Rasiermesser eine hervorragende Konsistenz - Kernseife zum Beispiel. Allzu weiche oder zu harte sollte man meiden. Besonders geeignet ist Glyzerinseife, die aber heute fast nur noch "veredelt", d. h. gefärbt und mit allerlei Spezereien versetzt ist. Die reine Glyzerinseife ist opak, durchschimmernd. Ein eingeschlossenes Objekt ist darin gut sichtbar, und der Seifenblock kann entsprechend zurechtgeschnitten werden. Auch hier gilt: Mit einem Skalpell oder der Nadel in beide Blockteile entsprechende Hohlräume schaben, das Objekt hineinlegen und die beiden Blockflächen mit Alkohol beträufeln. Er löst die Seife rasch, sie umfließt das Objekt förmlich, die beiden Teilblöcke kleben aneinander. Läßt man dann den Seifenblock eine viertel oder halbe Stunde in Ruhe, bevor man ihn ins (Hand-) Mikrotom einspannt, so löst der Alkohol die Seife im Innern noch etwas, die infolgedessen alle Hohlräume ausfüllt, und die beiden Teilblöcke kleben fest zusammen. Nun kann man den Block mit dem Skalpell oder der Rasierklinge zurechtschneiden. Notwendig ist aber der Alkohol nicht. Die Seife entzieht den Objekten kaum Feuchtigkeit, sie schrumpfen deshalb in Seife nicht - ein Vorteil.

Die Seife löst sich vom Schnitt schon in wenigen Minuten, wenn man ihn ins Wasser legt. Sie läßt sich aus dem Schnitt dann in weiteren 5 bis 10 Minuten sehr leicht restlos auswaschen. Man muß destilliertes bzw. entsalztes Wasser nehmen, weil normales Leitungswasser mit der Seife in der Regel unlösliche Niederschläge bildet, die nur umständlich aus den Schnitten zu entfernen wären.

Am besten verwendet man die gute alte Glyzerinseife. Parfümierte und gefärbte bekommt man in jedem Drogeriemarkt, aber sie behindern durch die Farbe die Sicht auf das eingeschlossene Objekt. Diejenige nach traditioneller Herstellungsart ist besser. In England ist sie noch viel in Gebrauch. Echt englische Glycerin Soap bekommt man beim Spezialversand Manufactum in Waltrop und seinen Verkaufsniederlassungen in einigen Großstädten. Der Preis für die englische Seife hält sich in Grenzen, weil sie ja ein simples Produkt ist.


Andere Umschließungsmittel

Die Glyzeringelatine ist als Einbettungs- bzw. Umschließungsmittel beinahe vollständig in Vergessenheit geraten. Dennoch ist das Arbeiten mit ihr sehr einfach und wirkungsvoll. Schwierig hingegen ist es gute Blöcke zu schneiden, ohne die Glyzeringelatine in die Hand zu nehmen, denn das sollte man wegen des Phenols darin lieber vermeiden. Manche Haut reagiert allergisch darauf.

Selbstverständlich ist auch Paraffin hervorragend geeignet, nicht nur als Durchtränkungsmittel.

Styropor läßt man besser sein, es ruiniert die Messerschneide meist schon beim ersten Schnitt, und zwar gründlich. Es bricht die Zähnchen des Grats der Schneide ab. Dadurch entstehen in der Schneide größere Lücken, die den Schnitt reißen, anstatt ihn zu schneiden. Man kann zwar mit einer styroporstumpfen Klinge dennoch Schnitte anfertigen, da gibt es keinen Zweifel, ebenso wie man sich mit einem nicht ganz scharfen Messer in den Finger schneiden kann. Aber schön glatt und rißfrei werden die Schnitte nicht mehr.

Auch Kork ist wegen harter Einschlüsse wenig geeignet. Die modernen "Verkorkungsmaschinen" für Weinflaschen arbeiten mit hoher Kraft, so daß immer mehr die sehr harten und dicht gepreßten Korken in Gebrauch kommen. Sie lassen sich mit der Hand nicht durchschneiden. Der gute alte Naturkorken ist fast nur noch als "Laborkorken" zu bekommen und recht teuer.

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Mit der Rasierklinge schneiden

Auf welche Art wir ein Objekt schneiden, wie wir die Klinge handhaben, hat nicht selten Einfluß darauf, ob und wie wir es am besten umhüllen oder einbetten. Eine Rasierklinge kann man zwischen zwei Fingern und dem Daumen halten. Es wurden und werden allerlei "Anfaßhilfen" vorgeschlagen, Klingenhalter der verschiedensten Art oder geschlitzte Flaschenkorken usw., welche Hänschen Ungeschickt davor bewahren sollen, sich in die Finger zu schneiden. Eine ganze Schachtel zum Teil eigentümlich gestalteter Klingenhalter habe ich in einem mikroskopischen Nachlaß gefunden und alle ausprobiert. Die meisten davon verschwanden gleich in der Mülltonne, und auch die wenigen, die ich sozusagen aus Pietät aufhebe, taugen nichts. Sie waren wohl mehr zum Tapetenschneiden oder für künstlerische Betätigungen bestimmt, jedenfalls nicht für mikroskopische Schnitte. Ich habe immer gefunden, daß die "nackte" Klinge den Fingern den besten Kontakt vermittelt, und daß passable Schnitte sich so am besten erlernen lassen.

Wie man das Rasiermesser richtig bzw. zweckmäßig beim Schneiden in der Hand hält siehe Kapitel Der Umgang mit dem Rasiermesser. Die dortigen Hinweise gelten dem Sinn nach auch für das Schneiden mit der Rasierklinge.

Ich ziehe, weil ich sie beim Schneiden mit den Fingern halte, steife Klingen vor, vor allem die schönen Industrieklingen der Marken Martor (Beermann) in Solingen oder Lutz in Solingen-Graefrath. Sie biegen sich nicht durch und vibrieren beim Schnitt nicht, was ihn meist wellig oder "stufig" machen würde, trotzdem sind sie superscharf. Man erhält sie in "Technischen Handlungen" bzw. Werkzeuggeschäften, wo es auch Kugellager, Schraubstöcke usw. gibt. Doch auch die von Wilkinson Sword und Gillette finde ich brauchbar. Daß diese Technik nicht alleinseligmachend ist, schrieb mir vor kurzem Dr. Detlev Kramer, der an der Uni Darmstadt viele botanische Mikro-Kurse abgehalten hat. Er berichtet von guten Erfahrungen mit dünnen Klingen, wie z. B. den platinveredelten Gillette und Rotbart.

Die meisten Rasierklingen sind beim Kauf in gewachstes oder geöltes Papier eingeschlagen. Es konserviert sie. Aus dem Papier herausgenommen und der Luft ausgesetzt, "verderben" sie, die Schneide oxidiert und wird stumpf. Man sollte sie putzen, bevor man sie verwendet, sonst kommen z. B. von den Gillette Öl- oder Fett- und von den Wilkinson Wachsspuren in die Schnitte.

Sodann sind da noch die etwas längeren gebräunten Hobelklingen zum Entfernen von Tapeten und die Solinger Hobelklinge Nr. 310 zum Abheben der Hornhaut in den üblichen Abmessungen für Rasierapparate, die man in medizinischen Fachgeschäften, in der Apotheke, der Drogerie oder der Pediküre bekommt. Diese beiden Klingentypen sind ebenfalls sehr steif und scharf. Auch damit lohnt ein Versuch. Da muß wohl jeder seine eigene Methode herausfinden.

Wir zählen auch die Benützung von Hand- und kleinen Tischmikrotomen zum "Freihandschneiden mit Hilfsmitteln". Diese Kleinmikrotome sind mit einer Glasplatte ausgestattet, auf der die Klinge gleitet und durch das Objekt fährt. Hier eignet sich das Rasiermesser gut, Rasierklingen weniger, es sei denn man spannt sie in einen speziellen Klingenhalter ein, der durch seine Bauform der Klinge Halt gibt und sie im richtigen Anstellwinkel ins Objekt führt. Es sind mehrere solcher Klingenhalter aus Messing oder Stahl beschrieben worden. Für den Klingenhalter nach Johann Gerhold, MVM, wird hier für Klingen aus dem Gillette-Tandem-Rasierapparat eine Maßskizze angegeben. Damit lassen sich mit etwas Übung Schnitte von 10 µm erzielen. Nach diesem einfachen Prinzip können die Anordnung der Befestigungsschrauben und die Größe der Auflagefläche für die Rasierklinge je nach Klingentyp leicht abgewandelt werden.

Von den Mikrotomherstellern gibt es ebenfalls Klingenhalter für Rasierklingen. Sie stehen in der Regel in Preiskonkurrenz zu zwei Wochen Urlaub auf Gran Canaria. Günstiger ist es, einen Feinmechaniker zum Freund zu haben, der sie aus Messing fräsen kann.

Rasierklingen sind schmal. Deshalb eignen sie sich in einem Halter nur für das Hindurchdrücken durch ein eingebettetes Objekt, für den ziehenden Schnitt durch uneingebettetes Material ist die Klinge nicht breit genug. Ein Selbstbauhalter für Einmalklingen kann Abhilfe schaffen, sie sind breiter, aber manche Fabrikate nur unwesentlich. Für die Verwendung eines Mikrotommessers ist wiederum die Glasplatte der Handmikrotome zu klein.

Der schwache Punkt beim Handmikrotom ist die mickrige Klemmbacke im Rohr, die ein etwas zähes Objekt nicht richtig fest halten kann. Bastler können ihr Handmikrotom umbauen. Gerhold hat aus einem solchen Handmikrotom die Klemmbacke entfernt und an ihrer Stelle eine Klemmhülse aus Nylon eingeführt. Dort hinein kommen die Blöcke, die er als Rundstangen gießt. Als Ausgußform verwendet er Zylinder aus Alu-Folie, die über ein Rundholz oder eine Nylonhülse geformt werden und dann genau den passenden Durchmesser für die Aufnahme des Handmikrotoms haben.

In der bloßen Hand gehalten, verspricht ein "pilzförmiges" Handmikrotom keinen Erfolg, denn man sollte das Rasiermesser oder den Klingenhalter besser mit beiden Händen sauber und sicher über die Glasplatte des Hand- oder Tischmikrotoms führen. Dazu muß man es am Tisch befestigen. Die Anschraubzwingen passen oft nur an Normaltischplatten oder dünne marmorne Fenstersimse, jedenfalls nicht an meine 3,8 cm dicke Arbeitsplatte.


Abb. 2.1 Handmikrotom der Firma Jung
Ich ziehe das stabilere Tischmikrotom vor, sein Standfuß läßt sich auf einfache Weise an einer beliebig dicken Arbeitsplatte oder einer steinernen Fensterbank mit einer Tischlerklemme befestigen, so daß er sich nicht mehr rühren kann. Seine Klemmbacke im Präparatezylinder ist wesentlich stabiler als die von Handmikrotomen, und auch der Objektvorschub arbeitet präziser.




Abb. 2.2 Stabiles Tischmikrotom, von verschiedenen Händlern, wie Thorns oder Euromex angeboten.

Fazit - Für Handschnitte von uneingebettetem Material zwischen 50 und 25 µm Dicke die Rasierklinge und das Rasiermesser mit ziehendem Schnitt.
- Für Schnitte vom Paraffinblock bis 10 µm Rasiermesser und Rasierklinge auf dem Hand- oder Tischmikrotom; Rasierklingen mit Klingenhalter.
- Bei uneingebettetem, aber umhüllten Material kommt es sehr auf das Material selbst und das Umschließungsmittel an, welches Schneidwerkzeug man wie benützt; das muß jeweils probiert werden; meine Empfehlung: Rasiermesser und evtl. Hand- oder Tischmikrotom.

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Das mikroskopische Rasiermesser

Seit ich mikroskopische Rasiermesser für meine Handschnitte verwende, frage ich mich, warum manche Mikroskopiker ein maliziöses Lächeln aufsetzen, sobald sie eines so bewährten Instruments ansichtig werden. Ungleich einer Rasierklinge liegt ein richtig gehaltenes Rasiermesser unverrückbar fest in der Hand. Auf dem gekrümmten Zeigefinger, in dessen Beuge der Daumen das Präparat festklemmt, gleitet die Klinge des Rasiermessers satt und sicher und kann auf diese Weise präzise geführt werden. Wenn man sein Rasiermesser ordentlich pflegt und häufig benützt, gelingen die Schnitte mit ihm beinahe wie von selbst. Da aber sogar gelernt und geübt werden muß, eine gerade und glatte Scheibe von einem Laib Brot herunterzuschneiden, werden auch die ersten Schnitte mit dem Rasiermesser nicht sonderlich gelingen. Am Laib Brot ist übrigens schön sichtbar, welchen schädlichen Einfluß es auf einen Schnitt hat, wenn wir das Messer während des Schneidens absetzen und wieder beginnen. Furchen und Streifen auf der Schnittfläche sind die Folge. Das muß man einfach üben und darf sich nicht entmutigen lassen.

Männliche Mikroskopiker, die es mit dem Rasiermesser ernsthaft versuchen wollen, sollten sich überlegen, ob sie die morgendliche Rasur nicht ebenfalls mit einem echten Rasiermesser zelebrieren möchten, denn die Rasur mit dem Messer erlebt zur Zeit eine wahre Renaissance. Dr. Krauter, der langjährige Herausgeber der Zeitschrift Mikrokosmos, ein geübter Hand- und Mikrotomschneider, hat das auch immer empfohlen, weil der ständige Umgang mit dem Rasiermesser das richtige Gefühl für die zweckmäßige Handhabung vermittelt. Rasiermesser für mikroskopische Schnitte sind gar nicht so teuer, ein hochwertiges und hübsches Messer für die morgendliche Rasur kann viel teurer sein. Es lohnt sich also, die alten Pflegetechniken in Erinnerung zu rufen und mit neueren Erkenntnissen zusammenzuführen. "Teil Drei" behandelt dann sehr ausführlich, was man dazu wissen muß.

Das Rasiermesser speziell für mikroskopische Schnitte ist in der Regel etwas kräftiger gebaut als das gewöhnliche, und seine Klinge hat eine plane und eine schwach gekehlte Seite. Bei Northern Biological Supplies in Ipswich/England bekommt man preiswert auch solche für Linkshänder, die auf der anderen Seite plan sind. Auch die üblichen Messer für die Rasur sind keineswegs ungeeignet. Man sollte aber kein stark sondern ein nur schwach gekehltes Messer mit „halbhohlem Schliff“ wählen, dessen Klinge ist etwas steifer. Bei den Messern mit ganzhohlem Schliff vibriert die Klinge zu stark beim Schneiden, die Schnittfläche wird dann ungleichmäßig. Ein Messer, das bereits zum Bartscheren benützt worden ist, eignet sich für die Mikroskopische Technik nicht, weil es vom Abziehen auf dem durchhängenden Abziehriemen eine abgerundete Facette (Fase) hat. Mit ihr kann man keinen sauberen und dünnen Schnitt machen.


Abb. 2.3 Handmikrotom und Rasiermesser (Reichert, Wien).

Entscheidend für die Qualität des Schnitts und die "Standzeit" der Schneide ist die Stahlqualität sowie auf welche Weise der Stahl gehärtet, abgekühlt (abgeschreckt) und weiterbearbeitet wird. Davon hängt ab, ob ein Rasiermesser schon nach zwei Rasuren nachgeschärft werden muß oder erst nach fünfundzwanzig. Das Härten und Abschrecken und die Einhaltung bestimmter Temperaturgrenzen dabei sind eine Handwerkskunst und oft das persönliche Berufsgeheimnis eines erfahrenen Härters.

Die Teile des Rasiermessers
Abb. 2.4 Mit freundlicher Genehmigung von
DOVO Stahlwarenfabrik Bracht GmbH & Co KG, Solingen

Die Abbildung zeigt und benennt die Bestandteile eines Rasiermessers.

Soll man ein Rasiermesser aus Normalstahl oder nichtrostendem V-Stahl wählen? Das ist egal, denn auch der V-Stahl setzt an der Schneide Rostpartikel an! Dazu später mehr. Weil es gelegentlich mit chemischen Reagenzien in Berührung kommt, bestehen die Griffschalen eines mikroskopischen Rasiermessers nicht aus Horn oder Holz, sondern aus Edelstahl. Sie machen das Messer reichlich schwer, die Hand ermüdet leicht. Um so wichtiger ist der richtige Griff, mit dem man das Messer hält, fest umschließt. In Deutschland sind als mikroskopische Rasiermesser zur Zeit wohl nur diejenigen mit Griffschalen aus Edelstahl erhältlich.

Unter dem Mikroskop zeigt sich die scharfe Schneide des Rasiermessers als recht "schartig", sie ähnelt eher dem beschädigten Sägezahnblatt eines Fuchsschwanzes. Doch das sind keine Scharten, das ist der Grat der Schneide, den das Schärfen auf dem Stein hervorruft. Bei Holzwerkzeugen sicherlich zweckmäßig, ist er ein Feind feiner Schneiden. Bezeichnenderweise bedeutet das französische Wort für das Schärfen eines Messers affiler ursprünglich entgraten, glätten. Geschliffen hingegen wird ein Rasiermesser maschinell an einer Schleifscheibe, und zwar in der Stahlwarenfabrik. Was unsereins damit auf einem Stein macht, nennt sich Abziehen, Schärfen oder Wetzen, deshalb heißt der eigentlich nicht Schleifstein, sondern Abzieh- oder Wetzstein. Auf dem Leder wiederum wird nicht geschärft, sondern abgezogen, entgratet. Darüber ausführlich im folgenden Kapitel.

Das Rasiermesser macht mit einem Bart, was eine Sense mit dem Gras macht. Aber die langen Grashalme sind ein wirkungsvolles Gegengewicht, wenn die Sensenschneide sie trifft, sie weichen nicht aus, sondern werden glatt durchschnitten. Das aufgeweichte Barthaar aber ist kein Gegengewicht. Deshalb braucht eine Rasiermesserschneide eine gewisse Zähnung, weil ihre Funktion nicht schneiden, hauen oder hacken ist, sondern mähen. Der technische Vorgang beim mikroskopischen Schneiden ist ganz ähnlich. Die Kunst ist nun, die Zähnchen des Grats alle in einer Linie auszurichten, damit die Schneide das von der Rasierseife erweichte Barthaar durchtrennt. Aber sie darf nicht zu glatt sein, ein angemessener Grat muß vorhanden sein, damit seine Zähnchen das weiche Barthaar anritzen können, wie eine Ampullenfeile den Ampullenhals. (Später mehr zu den Zähnchen.)

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Der Umgang mit dem Rasiermesser


Wie man das Rasiermesser und das Objekt hält

Wie man ein Rasiermesser beim Objektschneiden dennoch bequem, fest und gleichzeitig unverkrampft und locker hält, hängt nicht zuletzt von der Länge und Stärke der eigenen Finger ab. Wer sich auch den morgendlichen Bart mit einem Rasiermesser abrasiert, hat möglicherweise andere Vorstellungen davon, wie man es halten sollte. Ich z. B. rasiere mich mit einem Rasiermesser namens Bergischer Löwe aus einer alten Solinger Messerschmiede. Ich halte es mit Erfolg so, wie es seit Jahrhunderten Brauch ist und wie es mir mein Friseur vorgemacht hat. Doch beim Schneiden von mikroskopischen Objekten halte ich es ganz anders. Das muß jeder selbst ausprobieren und herausfinden. Aber trotzdem hier einige Anhaltspunkte.

Wie man ein Rasiermesser hält.
Abb. 2.5 Wie man das Rasiermesser hält.
Wie man ein Objekt mit Daumen und Zeigefinger hält
Abb. 2.6 Wie man ein Objekt mit Daumen und Zeigefinger hält.

Dem Gelingen eines guten Schnitts wirkt - besonders beim Anfänger - das Pulsieren der Handschlagader und das leichte Zittern der angespannten Muskeln entgegen. man versucht deshalb besser gar nicht erst, große Schnitte mit dem Rasiermesser anzufertigen. Der Mißerfolg wäre unausbleiblich. Man begnügt sich mit einem Teilstück der Fläche, das bei richtiger Wahl trotzdem alles sehenswerte zeigt. Niemals darf man eine dicke Scheibe mit dem Rasiermesser abschneiden, das zerstört die Schneide sofort. Muß, damit man eine waagerechte Schnittfläche erhält, ein dickeres Scheibchen abgeschnitten werden, so benützt man dazu ein Skalpell oder ein altes Rasiermesser.

Stehli/Krauter (1973) meinen in ihrer guten und ausführlichen Anleitung: Zum Schneiden legen wir beide Arme bequem auf die Tischplatte. Auch Rainer Gerstle von der früheren Redaktion des Mikrokosmos in Stuttgart macht darauf aufmerksam, daß die Schnitte nur auf diese Weise gut gelingen. Doch ich kann so nicht schneiden, mir gelingen gute Schnitte nur, indem ich beide Hände und Unterarme sozusagen frei schwebend vor mich halte, also ohne jegliche Abstützung, meist lege ich noch nicht einmal die Ellbogen an den Körper an. Diese Handhabung verhindert, daß ich bei aufgestütztem Arm die Messerhand nur im Handgelenk und deshalb ruckartig und verkrampft nachführen muß. Ob das auch jemandem mit unruhigen Händen gelingt, weiß ich nicht. Es genügt sicherlich auch, die Linke, d. h. die Objekthaltehand auf dem Tisch abzustützen und den Messerarm frei zu führen.

Das Objekt wird fest zwischen Daumen und die beiden ersten Finger der Halte-Hand eingespannt. Und zwar so, daß sein nach oben ragendes, freies Ende nur ganz wenig über den Daumen und die Beuge des Fingers hinausragt und sich beim Druck des Messers nicht wegbiegen oder wegfedern kann. Die Planseite der Klinge kann flach auf dem abgewinkelten Zeigefinger der Haltehand aufliegen. Das Messer muß so gehalten werden, daß die Klinge waagerecht liegt oder der Messerrücken ein wenig höher als die Schneide, besonders wenn das Messer beim Schneiden benetzt ist. Die Messerschneide können wir auf die Schnittfläche des Objekts setzen oder an seinen Rand. Sie wird niemals durch das Objekt hindurchgedrückt, sondern schräg-längs durch das Objekt hindurchgezogen, und zwar ohne jeden Druck. Nach Möglichkeit ziehen wir das Messer mit der ganzen Länge der Schneide durch das Objekt. Deshalb ist es wichtig, daß die Klinge auf ihrer gesamten Länge gleichmäßig scharf und abgezogen ist.

Beim Schneiden ist das Messer stets anzufeuchten, und zwar so stark, daß die Schnitte auf der Klinge schwimmen. man benützt in der Regel dest. Wasser, aber auch Alkohol. Die Schnitte nimmt man mit einem feinen Pinsel ab, der mit der gleichen Flüssigkeit angefeuchtet ist. Sie kommen sofort zur späteren Weiterbehandlung in ein Schälchen mit dest. Wasser. Ist das Objekt in Holundermark eingeschlossen, wird nicht angefeuchtet.


Vorsorgliche Messerpflege

Wichtig ist, daß man das Messer niemals aus der Hand legt, ohne es gründlich abzuwischen, denn die Flüssigkeit aus tierischen oder pflanzlichen Geweben hinterläßt sonst häßliche braune Trockenflecke auf der Klinge, die sich regelrecht "einfressen" und nur selten und unvollkommen wieder entfernen lassen. Beim Abwischen der Messerklinge mit einem weichen Papier- oder Leinentuch achtet man sorgfältig darauf, daß die Schneide nicht zwischen zwei zusammengedrückte Tuchlagen hindurchgezogen wird, wir tupfen oder wischen sie auf jeder Seite getrennt ab, aber nicht die Schneide entlang, sondern immer nur portionsweise vom Messerrücken zur Schneide hin. Dabei darf kein Druck ausgeübt werden. Andernfalls würden die feinen Zähnchen des Grats, die durch das Schneiden verbogen sind und wie Widerhaken wirken, durch das Tuch abgerissen. Dabei entstünden unangenehme Lücken im Grat, die beim nächsten Schnitt das Objekt reißen anstatt glatt zu schneiden.

Griffschalen und Scharnier eines Rasiermessers sind nicht gerade feinmechanische Präzisionsteile. Deshalb muß man beim Einschwenken der Klinge zwischen die Griffschalten sehr sorgfältig darauf achten, daß die Schneide nicht eine Griffschale berührt, sie könnte sonst eine schlimme Scharte bekommen, und das Messer müßte womöglich an die Fabrik eingeschickt werden. Eine echte Scharte kann man nämlich nicht selbst ausschleifen, weil dabei - gelänge es denn überhaupt - die Geometrie des Messers verändert würde.

Der Rasiermesserstahl mag weder Feuchtigkeit, Nässe noch ein Sonnenbad; trocken, luftig und schattig soll das Messer aufbewahrt werden.

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Zum Teil Schneiden (Einführungsteil) oder Messer abziehen oder Mikrotomscheiden






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